Beschreibung
Lothar Rübelt (1901–1990) gilt als einer der produktivsten und innovativsten österreichischen Fotografen des 20. Jahrhunderts. Er war einer jener „rasenden Reporter“, die in der Zwischenkriegszeit und auch in der NS-Ära den ständig wachsenden Markt der Bildillustrierten mit dem nötigen Fotomaterial versorgten.
Sport, Gesellschaft und Politik, aber auch Mode, Theater und Film gehörten zu seinen bevorzugten Sujets, mit denen er die unterschiedlichsten Zeitschriften, vom nationalsozialistischen „Notschrei“ (später: „Das Zeitbild“) bis zum sozialdemokratischen „Kuckuck“, das „Interessante Blatt“ und die „Berliner Illustrirte Zeitung“ belieferte. Rübelt war damit entscheidend an der Entstehung und Entwicklung einer modernen Bildsprache beteiligt. Nach 1945 blieb er fotografisch präsent, auch wenn es zunehmend ruhiger um Lothar Rübelt wurde, so wie auch seine Motive und seine Arbeitsweise leiser wurden.
Matthias Marschik und Michaela Pfundner haben den umfangreichen fotografischen Nachlass Rübelts, der im Bildarchiv der Österreichischen Nationalbibliothek aufbewahrt wird, gesichtet und für diesen Band eine Auswahl seiner bemerkenswertesten Wiener Bilder, von denen viele noch unveröffentlicht sind, getroffen. Damit soll Lothar Rübelts Bild von seiner Heimatstadt Wien nachgezeichnet werden, die er 40 Jahre lang immer wieder fotografisch festgehalten hat. Daraus entsteht weit mehr als ein subjektives Stadtporträt. Denn die Auswahl seiner Motive reflektiert ja nicht nur persönliche Präferenzen, sondern ebenso die Bedürfnisse der Auftraggeber und nicht zuletzt eine gesellschaftliche Perspektive. All das hatte Einfluss darauf, welche Szenen, Geschehnisse und Blickwinkel es wert waren, fotografisch festgehalten und rezipiert zu werden.
Alle Fotos stammen aus dem Bildarchiv der Österreichischen Nationalbibliothek © ÖNB
- Lothar Rübelt im Jahr 1949 mit seiner obligaten Leica-Kleinbildkamera.
- Zu seinem 75. Geburtstag ließ sich Lothar Rübelt nochmals mit seiner geliebten Leica fotografieren.
- Lothar Rübelts erstes „professionelles“ Sportfoto aus dem Jahr 1919, das er an Zeitungsredaktionen verkaufen konnte.
- 1985 zeigte die Albertina eine große Schau mit Werken Lothar Rübelts.
- Das Foto zeigt ein Kamerateam der Fox News, das die Vereidigung der österreichischen Truppen 1928 am Trabrennplatz in der Krieau filmt. Im Hintergrund die Rotunde.
- Wien als Tourismusmetropole im Jahr 1937. Touristen in einem „Austrobus“ vor dem Kunsthistorischen Museum.
- Der innere Burghof in der Wiener Hofburg. Die Massenmotorisierung machte ihn um 1960 zu einem gefragten Parkareal der Innenstadt.
- Arbeitersportfest um 1930, Übergabe des Staffelholzes am Schwedenplatz.
Weitere Impressionen aus dem Band
- Zum zehnjährigen Bestand der Republik, im November 1928, wurde der Grundstein für das Wiener Praterstadion gelegt, einen Symbolbau des Roten Wien, der 1931 fertig gestellt wurde.
- Das Apollo-Kino in der Gumpendorfer Straße.
- Die Socony-Vacuum Oil Company (später „Mobil“) bewarb im Sommer 1935 ihre Produkte – Benzin, Öle und Schmiermittel – mit einer öffentlichkeitswirksamen Aktion am Wiener Rathausplatz.
- „Treiben“ vor dem Westbahnhof.
- Im Sommer 1930 fand in Wien die Achte Fünfjahreskonferenz des Internationalen Frauenrates statt.
- Ein Gastspiel des Circus Krone wurde in der Wiener Innenstadt angekündigt: Schaulustige bestaunen einen Elefanten.
- Der Begräbniszug von Erzherzog Leopold Salvator führte im September 1931 durch die Kärntner Straße Richtung Kapuzinergruft.
- Gewerbefestzug 1929. Zwei Dromedare bildeten den exotischen Blickfang für den Fotografen.
- Lisl Goldarbeiter, „Miss Austria“ 1929 und im gleichen Jahr zur „Miss Universe“ gekürt, war einer der Stargäste beim Concours d’Élégance 1931 vor dem Schloss Schönbrunn.
- Der Verhaltensforscher und Nobelpreisträger 1973, Konrad Lorenz, posiert 1928 auf seiner englischen Brough Superior, die er über Vermittlung von Lothar Rübelt erworben hatte.
- Auch bei Begräbnissen berühmter Literaten war Lothar Rübelt mit seiner Kamera zur Stelle. 1929 wurde der Schriftsteller Hugo von Hofmannsthal auf dem Friedhof in Kalksburg zu Grabe getragen.
- Bundeskanzler Julius Raab bei der Abreise zu einem Staatsbesuch nach Japan im Jänner 1959.
Die Autoren:
Matthias Marschik
Univ.-Doz. Dr. Matthias Marschik, Historiker und Kulturwissenschafter, Lehrbeauftragter der Universitäten Wien, Salzburg und Klagenfurt. Autor zahlreicher Bücher und Aufsätze zu kulturgeschichtlichen Themen (besonders zu Sport, Automobil und Alltag). Zuletzt publizierte er in der Edition Winkler-Hermaden den Band Die Donauwiese – Ein verschwundenes Wiener Wahrzeichen.
Michaela Pfundner
Mag.a Michaela Pfundner, Historikerin, stellvertretende Direktorin von Bildarchiv und Grafiksammlung der Österreichischen Nationalbibliothek und Leiterin der Abteilung Bilddokumentation; Lehrveranstaltungen an der Universität Wien und der Donau-Universität Krems zu historischer Fotografie; Ausstellungskuratorin, zuletzt „Schatzkammer des Wissens“.