Moria
Die Omas gegen rechts halten von Montag bis Freitag von 10 bis 16 Uhr am Ballhausplatz beim Deserteurdenkmal Mahnwache für Moria. Clasien und ich übernehmen die Wache am Tag 17 von 12 bis 14 Uhr.
Der Himmel ist grau und es regnet leicht. Mit Regenschirmen und dicken Pullovern ausgerüstet, lösen wir die zwei Omas der ersten Schicht ab. Die erste Stunde geht, sagen sie, in der zweiten wird es ungemütlich. Dann verabschieden sie sich. Wir werden uns im Kaffeehaus aufwärmen, sagen sie.
Wir versuchen die Schilder mit der Aufschrift: „Wann holen wir Menschen aus Moria aus Österreich“ und „MORIA – nicht in unserem Namen“ zu fixieren. Der Wind bläst sie immer wieder um.
Der Platz rund um das Bundeskanzleramt und der Präsidentschaftskanzlei ist an diesem Tag ziemlich leer. Autos biegen langsam um die Kurve und verschwinden wieder. Menschen eilen vorbei, viele mit türkisen Regenschirmen. Sie beachten uns nicht. Eine Frau mit türkisem Schirm trägt auch türkise Stiefeletten. Ich kann nicht erkennen, ob auch die Schuhe mit einem Schriftzug der ÖVP verziert sind.
Die Gebäude rund um uns sind eingerüstet. Eine Werbeaufschrift fällt mir besonders ins Auge: „Wir bauen nicht ewig. Aber für die Ewigkeit.“
Der Bundespräsident spaziert mit seinem Hund vorbei. Bevor ich fotografieren kann, ist er schon wieder im Tor der Hofburg verschwunden.
Eine Frau bleibt stehen und sagt, wie wichtig und richtig sie es findet, dass wir hier stehen. Sie wünscht uns alles Gute.
Auf der Infotafel des Deserteurdenkmals, an das wir unsere Tafeln gelehnt haben, steht:
„Denkmal für die Verfolgten der NS-Militärjustiz.
Die Skulptur erweist denjenigen Respekt, die ihre eigenen Entscheidungen treffen und sich durch eigenständiges Handeln gegen das geltende System stellen.“
Clasien fotografiert die Stufen und die Inschrift, die nur von oben gelesen werden kann.
a l l / a l o n e
Eine Radfahrerin nickt uns zustimmend zu. Es gibt zwei Arten von Reaktionen: die einen nicken uns zustimmend zu, die anderen bleiben hinter ihren Regenschirm für uns unsichtbar.
Stephanie Krisper bleibt stehen. Sie fragt, ob wir schon Besuch vom Bundeskanzleramt bekommen haben. Wir fotografieren uns gegenseitig. Bevor sie geht, meint sie noch: Wir bleiben dran. Es klingt aber mutlos und so, als würde sie sich keine allzu großen Hoffnungen auf Erfolg machen.
Unsere Zeit ist fast um, wir beginnen auf die Uhr zu schauen. Da kommt eine Frau und bringt uns Kipferl. Sie sagt, dass sie die Aktivitäten der Omas schon lange verfolgt und sie findet das großartig. Bald will sie auch mitmachen.
Zwei junge Mädchen kommen. Sie sind von der Organisation Seebrücke Wien und wollen ihre Solidarität mit den Omas zeigen. Ihr Ziel ist es, Städte und Orte zu gewinnen und zu sicheren Häfen für flüchtende Menschen zu machen. Für ein Foto entrollen sie ihr Banner.
Wir verabschieden uns von den Omas, die um 14 Uhr eintreffen und unseren Platz einnehmen. Es ist inzwischen doch sehr kalt und ungemütlich geworden.
Clasien hat wieder viele Fotos gemacht, ich werde sie bitten, auch ein Foto von Moria vor Ort zu zeigen.
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