„Viva Latina“
Anfang Oktober 2021 spazieren Ulrike Winkler-Hermaden und Clasien Swierstra in Baden. Sie besuchen das Festival „Viva Latina!“.
Vier Frauen mit bunt leuchtenden Faltenröcken, langen, geflochtenen Zöpfen und kleinen, runden Melonen auf dem Kopf stehen im kargen Andenhochland Boliviens, schauen selbstbewusst in Richtung Kamera. Sie nennen sich „Flying Cholitas“ und sind Wrestlerinnen. Ein Jahr lang mussten die Kandidatinnen trainieren, um ein Zertifikat zu erhalten, das es ihnen erlaubt, an den Kämpfen der Wrestler in Bolivien teilzunehmen. Sie sind fixer Bestandteil der Schaukämpfe und haben so die Möglichkeit durch ihren Verdienst ein unabhängiges Leben zu führen. Dieses Foto hängt im Doblhofpark in Baden und ist Teil der Fotoausstellung „Viva Latina“, die sich auf sieben Kilometern auf den Straßen und in den Parks der Stadt zu sehen ist und ca. 1500 Fotografien zeigt. Manche davon sind bis zu 280 qm groß. Dieses Festival der Fotos findet seit 2018 jährlich in Baden in Zusammenarbeit von Jaques Rocher aus La Gacilly mit Lois Lammerhuber statt. Heuer zeigen uns 20 Fotografen ihre Eindrücke aus Südamerika. Die Fotos erzählen eine Vielzahl an Geschichten.
Die Fotos im Doblhofpark mit den Bildern der Cholitas haben mich besonders beeindruckt. Sie strahlen so viel Kraft und Zuversicht aus. Ich fühle mich wohl bei ihnen.
Die Schwarz-Weiß-Fotos der Goldminenarbeiter sind schaurig schön. Unzählige Menschen sind zu sehen, die unter unmenschlichen Bedingungen auf der Suche nach einer Goldader die Erde umgraben.
Die Ernte des Honigs der Götter auf der Halbinsel Yucatàn machen nachdenklich. Jahrhunderte lang war die Halbinsel der größte Honigproduzent der Welt. Die Bienen werden durch den geförderten Einsatz von Pestiziden in der Sojaproduktion vergiftet, die Lebensgrundlage der ursprünglichen Einwohner verschwindet.
Eine Gruppe von Fotos zeigen Menschen aus den 20iger Jahren. Abgebildet sind das Großbürgertum, die Landbevölkerung und die indigenen Bewohner. Jedes einzelne Bild lässt mich in das Leben der Menschen eintauchen und macht mich neugierig.
In Patagonien wird das Leben von Familien dokumentiert, die bei der Jagd auf moderne Hilfsmittel verzichten. Die Bilder mit den wilden Stieren, die mit Seilen gefangen genommen werden und erst transportiert werden können, wenn sie müde sind, hinterlassen einen nachhaltigen Eindruck.
Gleich beim Besucherzentrum des Festivals, in dem wir einen Routen Plan bekamen und im Katalog schmökerten, hängen bunte Fotos, die sich kritisch mit der Konsumgesellschaft auseinandersetzen. Sie sind mit viel Humor inszeniert.
Clasien und ich hatten einen wunderschönen und sonnigen Tag für unseren Ausflug, und es war ein großes Vergnügen die Festival Routen entlang zu spazieren. Viele Eindrücke haben wir gesammelt, für ein paar Stunden sind wir in Südamerika gewesen, sahen eine bunte Vielfalt, Lebensfreude, Probleme, die die Industriegesellschaft mit sich bringt. Unsere Erde birgt so viel Schönheit und Schätze, auf die wir nicht genug aufpassen können.
Nach Baden sind wir von Schleinbach mit der Schnellbahn gefahren. 81 Minuten brauchten wir für die Hinfahrt, 76 Minuten für die Rückfahrt. Umgestiegen sind wir in Leopoldau.
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