Höhe 365 und Bauerngreißlerei

Anfang März ist das Wetter strahlend schön, aber kalt. Clasien und ich wollen an die frische Luft. Wir starten in der Waldgasse und biegen in den Hohlweg ein. Links und rechts sind die Eingänge der Erdkeller. Früher wurden hier Erdäpfel und Gemüse gelagert, jetzt sind sie größtenteils leer. Die Eingänge sind mit Brettern gesichert. Einige wenige Keller sind renoviert. Wenn man Glück hat, kann man an heißen Sommertagen hier vereinzelt Besitzer mit einem Glas Wein gemütlich sitzend antreffen. Es ist ein schöner Platz, grün und angenehm kühl. Jetzt sind die Äste noch kahl, aber ein ganz klein wenig meint man den Frühling zu spüren: Ein paar Wochen noch, und zarte Blätter werden sprießen.

An einigen Kellereingängen sieht man Fußabdrücke. Die altersschwachen Türen wurden teilweise mutwillig eingetreten.

Nur wenige hundert Kilometer von uns herrscht Krieg. Wir haben beide Bilder der Zerstörung aus den ukrainischen Städten gesehen und die vielen Verzweifelten, die gerade ihr Land verlassen. Es ist schwer zu ertragen und nicht zu verstehen. Es scheint keinen Ausweg aus diesen furchtbaren Kämpfen zu geben, es macht einfach nur traurig.

Wir gehen durch den friedlichen Wald, vereinzelt blitzen schon blaue Leberblümchen am Boden.

Clasien und ich, wir haben beide die Geschichten gehört, dass sich Frauen und Kinder im Krieg in den Erdkellern, die außerhalb der Orte lagen, versteckten. Jetzt suchen Menschen in der Ukraine in ihren Kellern und in den U-Bahn-Stationen Schutz.

Unser Spaziergang führt uns schnurgerade zur Höhe 365. In Holland, sagt Clasien, ist der höchste Berg 322,7 Meter hoch.

Wir biegen nach rechts Richtung Aussichtsturm ab. Mehrere Leute begegnen uns mit ihren Hunden.

Im Gestrüpp versteckt weiß ich ein kleines, gemauertes Gebäude. Ein schmaler Weg führt uns zum Häuschen. An einer Wand ist ein Graffiti gesprüht. Blass sind die Farben zu erkennen, aber ein grüner Hochsitz verstellt die Mauer neuerdings fast ganz. Vom Hochsitz weg ist eine gerade Schneise in den Wald geschlagen. Es sieht aus, als würden hier Schießübungen stattfinden, aber vielleicht lässt uns der Krieg ans Schießen denken, und hier wird nur Wild beobachtet.

Der Aussichtsturm ist, vom Wald kommend, erst zu sehen, wenn man knapp davor steht. Er ist ein schönes Bauwerk  mit Holzstufen, bedeckt von einem Dach. Der Turm ist 25 Meter hoch und bietet einen wunderbaren Ausblick.

Wir gehen heute am Turm vorbei. Der Feldweg führt uns nun Richtung Bahnhof. Nachdem wir den Wald verlassen haben, sehen wir Schleinbach, Kronberg und Unterolberndorf vor uns. Die Felder liegen noch brach.

Vor kurzem haben wir gehört, dass hier Solaranlagen entstehen könnten. Wir können uns nur schwer vorstellen, wie das die Landschaft verändern wird. Alternative Energien sind wichtig. Parkplätze, Dächer von Industrieanlagen und Einkaufszentren sollten unbedingt genutzt und mit Photovoltaikanlagen ausgerüstet werden.

Zwei Wochen später scheint die Sonne warm und es ist windstill. Clasien und ich nehmen unsere Fahrräder und fahren nach Obersdorf in die Bauerngreißlerei, wir wollen dort Kaffee trinken. In einer ehemaligern Bankfiliale wurde vor ein paar Wochen ein kleines Geschäft eröffnet. Es gibt regionale Produkte, und an zwei gemütlichen Tischen wird Kaffee und Kuchen angeboten.

Unterwegs hängen wir Plakate auf. Im Schloss in Wolkersdorf werden jeden ersten Mittwoch im Monat Kinofilme gezeigt. Clasien stellt das Programm zusammen, und ein zwei Wochen vor dem Termin hängt sie die Ankündigungsplakate in den Nachbargemeinden auf. Ich mag diese Kinoabende sehr, und so ist der erste Mittwoch im Monat schon immer fix verplant.

www.forumwolkersdorf.at

So radeln wir unterwegs Plakatwände an: den Hauptplatz in Schleinbach, den Bahnhof in Ulrichskirchen, Anschlagetafeln in Wolkersdorf und Obersdorf.

Unsere Strecke besteht fast nur aus Fahrradwegen, was sehr angenehm ist.

Bei der geplanten Fahrradraststation in Ulrichskirchen legen wir einen kurzen Stopp ein. Es wir diskutiert, ob dieser Platz, der nahe der Kläranlage liegt, ideal ist. An diesem Tag ist es angenehm ruhig, sonnig, windstill und die Bäume wachsen in den wolkenlosen, blauen Himmel, und die Welt nach oben ist weit und lässt die Probleme kurz vergessen.

Wir betreten die Greißlerei, Masken sind immer noch sinnvoll und vorgeschrieben, und in der Ecke steht eine Kiste, in die man Spenden für die geflüchteten Ukrainer stellen kann.

Der Kaffee und das Nusskipferl sind köstlich. Wir schauen uns um: Es gibt Wein, Käse, Brot, Fleisch, Wurstwaren, Gemüse, Marmeladen und vieles mehr und alles aus der Region. Der Laden gefällt uns gut. Auch die Speisekarte macht Appetit, das Frühstücksangebot lacht uns besonders an.

Die letzten Fotos macht Clasien am Heimweg – der Flohmarkt in der Obersdorfer Hauptstraße gibt ein dankbares Motiv.

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