Das „Alte Milchhaus“

Zwei Nachrichten, die auf den ersten Blick nichts miteinander zu tun haben, erreichten mich. Zuerst: Michaela und Herbert Weinwurm übergeben ihr Lokal an einen jungen Nachfolger.

Das „Alte Milchhaus“ in Ladendorf ist eine kleine, aber sehr feine Gastwirtschaft. Herbert, der in einem Reisebüro in Wien arbeitete, hat sich damit einen Traum erfüllt. Kennen gelernt habe ich Herbert in der Schnellbahn. Beide pendelten wir nach Wien und irgendwann kam das Gespräch auf Güssing. Er hatte dort Verwandte und verbrachte viele Sommerwochen dort, und ich bin in Güssing in die Volksschule gegangen. Bei diesen Schnellbahnfahrten erfuhr ich auch von Herberts Traum. Er wollte in Ladendorf das alte, schon lange leerstehende Kino kaufen und eine Gastwirtschaft daraus machen. Das mit dem Kino hat nicht geklappt, aber er konnte das alte Milchhaus umbauen.

Dieses Gebäude stand auch schon lange leer, früher wurden ca. 5000 Liter Milch pro Jahr angeliefert, ab 1958 teilte sich Milchgenossenschaft das Gebäude mit der Tiefkühlgemeinschaft, und immer war es ein Ort der Begegnung für Jung und Alt. 1989 wurde das Gebäude an eine Privatperson verkauft. Es gab Pläne, einen Proberaum für den Musikverein einzurichten, aber bis 1993 Michaela und Herbert das ehemalige Milchhaus erwarben, stand das Haus leer. Es folgten Jahre der Planung, der Renovierung, schlussendlich stand da dieses wunderbare Lokal mit dem herzlichen Wirtspaar.

Nun aber hat Herbert einen neuen Traum: er möchte wieder bauen und planen und diesmal soll es eine Frühstückspension werden. Als sich überraschend schnell ein Nachfolger für das Milchhaus gefunden hatte, war es eine leichte Entscheidung: Die Frühstückspension wird gebaut. Und wir nehmen uns gleich fest vor, dass wir, sobald Michaelas und Herberts Haus fertig ist, einen Radausflug nach Ladendorf machen, einen gemütlichen Abend auf der Terrasse der Pension Weinwurm verbringen und nach dem Frühstück gemütlich wieder nach Hause fahren werden!

Wir werden das „Alte Milchhaus“ vermissen und denken, dass wir viel zu wenig oft dort waren, aber es geht ja weiter und wir werden den neuen Pächter ganz sicher bald besuchen.

Anders als in Ladendorf, steht es anscheinend mit Gastwirtschaften, in denen man gut essen kann, in Güssing. Die andere Nachricht war nämlich ein überraschender Anruf meiner Volksschulfreundin Martha. Sie war meine beste Freundin, aber da ich nach meiner Volksschulzeit nach Graz übersiedelte, habe ich sie komplett aus den Augen verloren. Ich erinnere mich an unseren gemeinsamen Schulweg und wie schwer uns jeden Tag die Trennung fiel. Ich hatte den kürzeren Schulweg, und wir standen immer lange vor unserer Haustür, bis Martha sich dann doch aufmachte und ich winkte, bis sie hinter der nächsten Wegbiegung verschwand.

Jedenfalls organisiert Sissi aus der ersten Bankreihe ein Klassentreffen der 3. Klasse Volksschule 1964. Wir werden uns in Stegersbach treffen: in der Bezirkshauptstadt Güssing gibt es keine geeignete Gastwirtschaft für ein Klassentreffen. Ich erinnere mich an die vielen Lokale, die ich mit meinem Vater besuchte: den Kovacs, den Fabiankowitsch, den Hoffmann, den Gall, den Stelzmayer, den Gibiser – und einige habe ich sicher vergessen! Mir war oft recht langweilig in diesen Gasthäusern. Mein Sinalco hatte ich schon längst ausgetrunken, aber mein Vater machte keinerlei Anstalten seine Kartenrunde zu verlassen. Aber einen Ort wie Güssing, ohne Gastwirtschaft in der man gut essen kann, mag ich mir nicht vorstellen!

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